Puzzle des Lebens
Stellen Sie sich vor: Vor Ihnen liegt ein Puzzle mit tausend Teilen: bunt, vielfältig, gar nicht auf den ersten Blick einsehbar. Es ist ein sonniges Bild, ein Urlaub am Meer, aber das Wasser ist stürmisch und wild. Viele Menschen sind am Strand und kleine Segelboote schaukeln auf den Wellen. Sie haben es schon vor Jahren gepuzzlet. Jeden Abend ein paar Teile, manchmal mühevoll, meistens mit großer Freude.
Heute stellen Sie plötzlich fest, dass ein Teil fehlt.
So geht es uns im Leben. Es ist bunt, schön und stürmisch.
Dann, plötzlich, fehlt ein Mensch. Auf den ersten Blick scheint das Leben um uns herum wie vorher zu sein: die Sonne scheint genau so hell, die Kinder lachen und spielen, man geht seinem Alltag nach: essen, schlafen, arbeiten - dann merkt man: das ganze Puzzle ist überhaupt nicht mehr so wie vorher: ein Stück fehlt, ein Mensch fehlt. Für manchen ist er nur irgendein Puzzleteil einfarbig, nicht so entscheidend. Für einen anderen ist er ein Eckteil oder das Zentrum des Bildes.
Schmeißt man das Puzzle deswegen weg? Ist es nichts mehr wert?
Vielleicht kommt es darauf an, ob ich immer nur auf die leere Stelle blicke oder ob ich das Gesamtbild anschaue. Wie wichtig sind mir die Stunden, in denen das Puzzle Stück für Stück mit Freude und Mühe entstanden ist?
Habe ich Lust noch weiterzubauen, obwohl ich weiß, dass ein Stück fehlt?
Ist mir das Bild ans Herz gewachsen und kann ich liebevoll darauf blicken, auch wenn es nicht mehr perfekt ist?
Ich wünsche uns, dass wir die Ungereimtheiten und Mängel im Leben aushalten können, weil wir ahnen, dass es jemand gibt, der im Hintergrund mitpuzzlet und immer einen liebevollen Blick für unser Lebenspuzzle hat.
Gemeindereferentin Christiane Herrmann