Der Advent ist eine Zeit, die man im wahrsten Sinne des Wortes als „richtungsweisend“ bezeichnen kann. Dabei ist es nicht nur eine Richtung, auf die der Advent hinweist, sondern sogar drei.

Zunächst ist der Advent eine Zeit der Erinnerung und verweist in die Vergangenheit. Wir versetzen uns zurück in die Zeit vor Jesu Geburt, wozu besonders die alttestamentlichen Lesungen in der Liturgie einladen. Das hat etwas von einer Inszenierung, einem „so tun, als ob Gott noch nicht Mensch geworden wäre“. Erst wenn wir die Dunkelheit der Gottesferne, die Sehnsucht des Volkes Israel vor über 2000 Jahren nachempfinden können, erscheint uns die Menschwerdung Gottes nicht mehr als selbstverständlich, sondern wir erkennen die wahre Größe dieses Ereignisses.

Daneben gibt es einen Advent der Erwartung, der auf die Zukunft hinweist. Wir werden daran erinnert, dass Jesus wiederkommt, weshalb wir ausharren und wachsam sein sollen: sei es für den jüngsten Tag, wenn der Menschensohn wiederkommt  um die Welt als ganze zu vollenden; sei es für unsere Todesstunde, wenn wir unseren ganz persönlichen Advent erfahren dürfen.

Während die Vergangenheit weit zurück liegt und die Zukunft in ungewisser Ferne, geht der dritte Aspekt des Advents uns alle unmittelbar an. Es ist der Advent der Gegenwart, bei dem es um die Ankunft Gottes im Hier und Jetzt geht, in meiner Seele. In genau dieser Zeit, in diesem Jahr 2020, in diesem Monat Dezember, an diesem Tag und zu dieser Stunde möchte Gott bei mir ankommen. Möchte ich das auch? Die Notwendigkeit eines solchen individuellen Advents Gottes bei jeder einzelnen Seele beschreibt der Dichter Angelus Silesius mit den bekannten Worten:

Wird Christus tausendmal zu Bethlehem geboren
und nicht in dir,
du bleibst noch ewiglich verloren.