Seht, die gute Zeit ist nah

„Unsere Tage zu zählen, lehre uns! Dann gewinnen wir ein weises Herz.“ Dieser Vers aus dem Psalm 90 wird in der Vorweihnachtszeit durch den Brauch des Adventskalenders konkret. Nicht nur Kinder freuen sich darauf, jeden Tag ein weiteres Türchen aufzumachen oder eine Überraschung auszupacken.

Der Advent hat seinen eigenen, geistlichen Wert. Zwei Perspektiven verbinden sich: der Blick auf das erste Kommen Jesu, damals in Betlehem, und auf seine Wiederkunft am Ende der Zeiten. Für beides steht der Begriff Advent („Ankunft“). Als Menschen, die wir uns mit Jesus verbunden wissen, sollen wir immer in einer adventlichen Haltung mit diesen beiden Perspektiven leben. Jetzt! Jetzt schon ist Jesus da. Aber er wird sich auch einmal ganz neu zeigen. Darauf warten wir.

Früher bezeichnete man den Advent als die „stade (stille) Zeit“. Er war eine Fastenzeit, die dann in die Festfreude von Weihnachten mit dem Glanz der Lichter und den kulinarischen Genüssen der Festtage mündete. Heute feiert die Gesellschaft oft schon vier Wochen im Voraus Weihnachten. Und wenn das eigentliche Fest dann gekommen ist, ist man dessen schon bald wieder überdrüssig. Bewusst auf Weihnachten warten zu können, dem Advent seinen Charakter zu bewahren, die einzelnen Tage zu „zählen“, also für sich sprechen zu lassen, das ist ein Geschenk, das uns das neu beginnende Kirchenjahr macht.

Pfarrkurat Jochen Scherzer